Geschichte: Wie Espoir entstanden ist

1989–1992 Vom Projekt zum Verein

1989
Die Geschichte von Espoir beginnt mit Stefanie, einem vierjährigen, HIV-positiven Waisenkind, das vereinsamt in einem Kinderheim lebt. Helen von Arx, damals Sozialarbeiterin der Stadt Zürich, ist damit konfrontiert und sucht für das Mädchen eine Pflegefamilie, die ihm ein geborgenes Umfeld schenkt. Daraus entwickelt sich unter dem Namen Espoir ein Projekt der Stadt Zürich.

Das Projekt fällt nach drei Jahren den Sparmassnahmen der Stadt zum Opfer. Helen von Arx erkennt die Stärke des Projekts und gründet mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern am 12. Mai 1992 den Verein Espoir mit dem Ziel, benachteiligten Kindern im ganzen Kanton Zürich eine hoffnungsvolle Perspektive zu geben. Von Anfang an gehört auch die aufsuchende Familienarbeit zum Angebot von Espoir.

1993 bis 1999 Pionierphase

Zu Beginn stehen suchtabhängige Eltern im Zentrum der Tätigkeit von Espoir. Espoir begleitet 1994 16 Familien mit 21 Kindern, 9 davon leben in einer Pflegefamilie.
Die geleistete Betreuungsarbeit kann nur zu zwei Dritteln durch die öffentliche Hand finanziert werden. Vereinsmitglieder, eine limitierte Defizitgarantie des Kantons und immer wieder Gönnerinnen und Gönner unterstützen den Verein finanziell.
Espoir pflegt eine enge Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, so zum Beispiel mit dem Marie Meierhofer Institut. Gemeinsam sensibilisieren sie im Kanton Zürich für die Bedürfnisse von Kindern mit suchtabhängigen Eltern. Viele Fachleute werden erstmalig auf das Thema aufmerksam.

Espoir ist von Anfang an davon überzeugt, dass insbesondere Kinder aus sehr belasteten Verhältnissen, die fremdplatziert werden, bei Pflegeeltern leben sollten. Deshalb legt der Verein schon früh viel Wert auf eine sorgfältige Vorbereitung der Pflegeeltern und bietet ihnen einen Vorbereitungskurs an, bevor sie ein Pflegekind aufnehmen. Selbstredend ist die strenge Eignungsselektion der Pflegeeltern sowie die kontinuierliche Begleitung des Pflegeverhältnisses.
1998 gründet Espoir mit drei anderen Organisationen den Fachverband Sozialpädagogische Familienbegleitung Schweiz. Um im SPF-Fachverband Schweiz aufgenommen zu werden, müssen verschiedene Qualitätsstandards erfüllt sein. Espoir wirkt bis heute aktiv im Fachverband mit.

1999 bietet Espoir erstmals sozialpädagogische Abklärungen an und erarbeitet ein entsprechendes Konzept, welches eine genaue Erfassung der Familiensituation vor Ort beinhaltet. Die Ressourcen der Eltern werden den Bedürfnissen der Kinder gegenübergestellt. Bei einer Gefährdung des Kindeswohls empfiehlt Espoir Massnahmen zum Schutz des Kindes.

2000 bis 2011 Wachstumsjahre

Neben der Aidsproblematik spezialisiert sich Espoir immer mehr auf Kinder psychisch erkrankter Eltern. Der Bedarf ist gross. 2002 betreut Espoir 132 Kinder. Zuweisungsgründe sind primär Suchtproblematiken, psychische Erkrankungen und HIV. Die Familien sind in der Regel mehrfach belastet.

2003
Espoir bietet verschiedene erlebnispädagogische Angebote an: Mutter-Kind-Wochenenden und -Lager, Kreativwochen, Indianerlager und Zirkusangebote. Über die Jahre profitieren viele Kinder davon und erleben ein Stück unbeschwerte Kindheit. Diese Angebote sind bis heute durch grosszügige Spenden finanziert.

Die Organisationen Espoir, Fachstelle Kinderbetreuung Luzern, kompass, tipiti und Pflegekind Bern organisieren sich im Sommer 2004 als Interessengemeinschaft institutioneller Pflegeplätze für Kinder und Jugendliche (IPK) und publizieren 2005 erstmals Qualitätsstandards für institutionelle Pflegeplätze. Später intensivieren sie den Austausch sowie die Zusammenarbeit und weitere Organisationen kommen dazu.

2005
Caritas Zürich zeichnet die sozialpädagogischen Abklärungen von Espoir mit dem Zürcher Caritas-Preis aus, weil dabei beispielhaft mit allen Beteiligten eng zusammengearbeitet wird.

Seit 2008 liegen die Quality4Children Standards für Kinder und Jugendliche in ausserfamiliärer Betreuung vor. Die Standards sind bis heute einer der qualitativen Grundsteine der Tätigkeit von Espoir. Die Zusammenarbeit mit den Pflegekindern auf Augenhöhe und ihre Partizipation im gesamten Prozess ist Espoir ein permanentes Anliegen.

2009
Weiterhin sensibilisiert Espoir die Öffentlichkeit und organisiert ein erstes öffentliches Podium mit Fachleuten zum Thema Kinder psychisch kranker Eltern. Viele Medien greifen das Thema auf.

2010 geht die Gründerin von Espoir, Helen von Arx, in Pension. Lucia Schmid tritt als Geschäftsführerin ein. Fast gleichzeitig erfolgt der Umzug in die heutigen Geschäftsräume an der Brahmsstrasse 28 in Zürich. In den neuen Räumlichkeiten bietet Espoir zwei kindgerecht eingerichtete Besuchszimmer für begleitete Besuchskontakte an.

2012 bis 2020 Konsolidierung und weitere Professionalisierung

Auf der Basis der IPK-Richtlinien entwickelt Integras ein Label, um nach aussen sichtbar zu machen, nach welchen Standards eine Familienplatzierungsorganisation arbeitet. Espoir führt das Qualitätslabel bis 2018, als Integras entscheidet das Label einzustellen. 2012 feiert Espoir sein 20-jähriges Bestehen mit einem neuen Erscheinungsbild. In dessen Zentrum steht noch heute die von Stefanie gezeichnete Sonne – Stefanie, das Mädchen, welches das Projekt Espoir ausgelöst hatte.

2013
Das revidierte Kindes- und Erwachsenenschutzrecht tritt in Kraft und damit die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB), die neu fachlich zusammengesetzt sind. Sie lösen das bisher gültige Laienaufsichtssystem ab.
2013/2014 tritt die revidierte Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (PAVO) in Kraft und damit eine Aufsicht der Kantone über die Familienplatzierungsorganisationen. Espoir erhält eine Bewilligung des Kantons Zürich für die Vermittlung von Pflegeplätzen. Gleichzeitig unterzeichnet Espoir Rahmenverträge mit der Stadt Zürich für die Erbringung von begleiteten Pflegeplatzierungen, Sozialpädagogischen Familienbegleitungen und Abklärungen. Das Amt für Jugend- und Berufsberatung des Kantons Zürich (AJB) lädt Espoir und weitere Organisationen ein, sich für den Leistungsauftrag für Eignungsabklärungen von künftigen Adoptiveltern zu bewerben. Espoir überzeugt mit seiner Bewerbung und startet 2014 mit den ersten Abklärungen.

2014
Inzwischen ist Espoir in der Lage, den grössten Teil der anfallenden Kosten aus den Erträgen der erbrachten Dienstleistungen zu decken. Für die Finanzierung der Soforthilfe für Kinder in Not und für die erlebnispädagogischen Angebote ist Espoir weiterhin auf treue Spenderinnen und Spender angewiesen.

2017
Auf Initiative von Espoir und tipiti übernimmt 2017 die Schule für Sozialbegleitung den Lehrgang für Pflegeeltern. Zuvor wurde dieser von der PACH – in Kooperation mit Espoir, tipiti und der Pflegekind Bern – durchgeführt. Die Teilnahme der Pflegeeltern an dieser Grundausbildung stellt für Espoir einen wichtigen Qualitätsstandard dar.

Espoir und Pro Infirmis Zürich gründen 2019 in enger Zusammenarbeit das Projekt «Ponto — Patenschaften für Kinder psychisch erkrankter Eltern». Trotz Verlängerung der Pilotphase bis 2022 blieb die Zahl der Patenschaften deutlich unter den Erwartungen. Daher haben die beiden Organisationen beschlossen, das Projekt Ponto per Ende 2022 zu beenden. Die bestehenden Patenschaften wurden von Pro Infirmis Zürich übernommen.

Ab 2020 weiterhin am Puls der Zeit

Die Geschäftsführerin Lucia Schmid tritt in den Ruhestand. Natali Velert tritt ihre Nachfolge im Sommer 2020 – mitten in der Corona-Pandemie – an.

Espoir wird 2021 Premium-Partner von kompetenzhoch3 und löst sein Angebot der sozialpädagogischen Abklärungen durch standardisierte KOFA-Intensivabklärungen ab. Im gleichen Jahr gründet Espoir mit elf anderen Organisationen den Fachverband DAF Pflegekind.

Das Kinder- und Jugendheimgesetz (KJG) tritt am 1.1.2022 im Kanton Zürich in Kraft. Espoir unterzeichnet eine Leistungsvereinbarung mit dem AJB und wird sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass das Kindeswohl im Zentrum bleibt.

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